Autorenlesung mit Dirk Reinhardt am Gymnasium Oberursel - „Train Kids“ - 3000 Kilometer voller Gefahren und Hoffnung (Fotos)
Am Donnerstag, dem 16.11.2017, stellte der Münsteraner Jugendbuchautor Dirk Reinhardt vor der versammelten Jahrgangsstufe 8 am Gymnasium Oberursel in der Rotunde der Schule seinen Roman „Train Kids“ vor. Begrüßt wurde er von Friederike Pitsch, Leiterin des Fachbereichs I und Mitglied der Schulleitung, und Oberstudienrat Andreas Schach, der die Autorenlesung organisiert hatte.
Mit bewegenden Fotos, die er teils mit einer Minikamera in Mexiko selbst geschossen, teils von mexikanischen Journalisten oder Amnesty International erhalten hat, führte Reinhardt sein Publikum zunächst in das Thema seines Romans ein. Hauptfiguren seines Werkes sind fünf Jugendliche im Alter zwischen 12 und 16 Jahren, die sich aus ihren Heimatländern, u.a. Guatemala, El Salvador oder Honduras, auf eine gefährliche Bahnreise von 3000 Kilometern quer durch Mexiko an die Grenze der USA machen. Dabei durchqueren die „Train Kids“, die illegal unterwegs sind, nicht nur verschiedene Klimazonen - schwülwarme Subtropen, über 5000 m hoch gelegene, eisige Bergpassagen und trocken-heiße Wüstenregionen - sondern begeben sich auch immer wieder durch riskantes Klettern auf fahrende Güterzüge in Lebensgefahr. Auf ihrer abenteuerlichen Reise begegnen die vier Jungen und ein als Junge verkleidetes Mädchen, die unterwegs auf Friedhöfen oder in unwegsamem Dickicht entlang der Bahnlinie übernachten müssen, um ihrem erhofften Ziel ein Stück näher zu kommen, oft Menschen, die ihnen oft noch feindlicher als die Natur oder die fahrenden Züge begegnen: Korrupte Polizisten oder aggressive Militärs wollen die Train Kids an der Weiterfahrt hindern, indem sie sie ausrauben oder sogar zusammenschlagen. Dem stellen sich aber auch Menschen wie ein Padre und seine Gemeinde mutig entgegen, um den Jugendlichen zu helfen, was allerdings in Mexiko gesetzlich verboten ist.
Vorlage für Reinhardts Roman sind die etwa 50.000 bis 100.000 Jugendlichen (Tendenz steigend), die in der Realität jährlich die lebensgefährliche Reise auf sich nehmen. Häufig sind es Kinder aus vaterlosen Familien, deren Mütter in der Hoffnung, dadurch ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, illegal in den USA als Fabrikarbeiterinnen oder Haus- und Kindermädchen arbeiten. Ihre zurückgelassenen Kinder verbleiben in den Heimatländern in bitterster Armut und versuchen sich durch Schuhputzen, Autowaschen oder das Sammeln auf Müllhalden durchzubringen. Weil sie diesem Elend aus Armut, Gewalt und Hoffnungslosigkeit entfliehen wollen, begeben sie sich auf die wohl gefährlichste Reise der Welt, um ihre Mütter zu finden und sich im „gelobten Land“ USA ein neues Leben aufzubauen. Seit der Präsidentschaft von Donald Trump, so Reinhardt, erfülle sich dieser Traum kaum noch, denn die Reise werde für die Jugendlichen immer schwieriger und gefährlicher, da Mexiko mit Straßensperren, Schienenkontrollen und dem Kampf gegen Schleuser den Weg blockiere.
Bei der Recherche für seinen Jugendroman hat Reinhardt, der selbst dreimal in Mexiko war, mit zahlreichen Train Kids gesprochen, deren Erlebnisse ihn sehr berührt hätten, so der Autor. Die Jugendlichen, mit denen er mehrere Tage verbracht habe, während sie auf den nächsten Zug in Richtung USA warteten, hätten ihm oft ihre ganze Lebensgeschichte erzählt. Da es in Mexiko gesetzlich verboten ist, Flüchtlingen zu helfen, habe er ihnen nur notdürftig mit Essen, Trinken und neuen Kleidungsstücken weiterhelfen können. Das sei auch für ihn gefährlich gewesen, da man ihn als Schleuser hätte verdächtigen können. Sein Roman sei halb-dokumentarisch; so habe er zwar die Personen und Namen erfunden, aber alle im Buch beschriebenen Erlebnisse beruhten auf Tatsachen, die er mit „literarischer Freiheit“ gestaltet habe.
Im Anschluss an die Lesung dreier Passagen aus seinem Jugendroman, die Reinhardt mit realen Fotos ähnlicher Ereignisse unterlegte, hatten die Schülerinnen und Schüler des GO Gelegenheit, dem Jugendbuchautor Fragen zum Roman oder seinem Schriftstellerleben zu stellen. So berichtete Reinhardt, dass er am liebsten in der Münsteraner Uni-Bibliothek schreibe, da es dort schön ruhig sei und er auch immer gleich Dinge nachschlagen könne, um seine Werke realistischer zu gestalten. Seine Ideen gebe er immer gleich in den Computer ein. Schreibblockaden begegne er immer mit langen Spaziergängen in der Natur. Er sei ursprünglich Journalist gewesen, habe aber vor acht Jahren den Sprung in die Schriftstellerei gewagt. „Train Kids“ sei sein vierter von insgesamt fünf Jugendromanen. Er habe schon immer gerne gelesen und bereits als Kind Fortsetzungen von gelesenen Büchern verfasst. Irgendwann habe er ein Teilmanuskript bei einem Verlag eingeschickt; diesem habe es gefallen und so sei er Autor geworden.
Das Thema „Flucht“ habe ihn schon seit seiner Zeit als Journalist interessiert und eine Reportage in der Zeitschrift GEO habe ihn dann zum Schreiben von „Train Kids“ veranlasst. Er wolle damit Verständnis für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMFs) auch bei uns in Deutschland wecken. Die Arbeit am Roman habe von der ersten Idee bis hin zum gedruckten Buch etwa eineinhalb Jahre gedauert. Inzwischen sei der Roman ins Spanische übersetzt worden und werde auch in Mexiko gelesen. Es gebe auch eine Anfrage, das Werk zu verfilmen, aber bis zu einer filmischen Umsetzung werde es womöglich länger dauern. Das offene Ende seines Romans sei zum einen realistisch, denn ein „Happy End“ gebe es in den seltensten Fällen, zu anderen biete es die Möglichkeit, eine Fortsetzung zu schreiben, wie es den Train Kids in den USA ergehe.
Nach der packenden Lesung bedankte sich Andreas Schach, der die Veranstaltung organisiert hatte, im Namen des GO bei Dirk Reinhardt und entließ die Schülerinnen und Schüler in die Pause. Einige Interessierte nutzten aber noch die Gelegenheit, mit dem Autor direkt zu sprechen. (jun)
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