Konzepte und Infrastruktur für die „Digitale Schule“ - Digitaler Bildungskongress im GO bot Raum für Information und Diskussion
Am Donnerstag, 26.04.2018, fand unter dem Leitthema „Medienentwicklungsplanung von der Infrastruktur bis zum Tablet- Einsatz“ der Bildungskongress „Digitale Schule“ mit 350 Teilnehmern in der Aula und angrenzenden Räumlichkeiten des Gymnasiums Oberursel statt. Der von der Mainzer Firma REDNET AG erstmals bundesweit durchgeführte Bildungskongress beleuchtete Themen, die Schulträger, Medienzentren, Schulleitungen und Lehrkräfte in Sachen Bildungs-IT heute beschäftigen.
An Messeständen zeigten Firmen Produkte, die Bildungsanbieter bei ihrer Arbeit unterstützen können. In Fachvorträgen und Workshops wurden sowohl Fragen der Infrastruktur und Medienentwicklungsplanung als auch pädagogisch-didaktische Themen, z.B. zur digitalen Gestaltung von naturwissenschaftlichem Unterricht, behandelt. In Plenumsvorträgen gaben renommierte Referenten Impulse für die Umsetzung digitalen Unterrichts. Dabei ging es immer wieder um die Frage, welchen Beitrag Hard- und Software heute zu einem nachhaltigen und pädagogisch sinnvollen technologiegestützten Unterricht leisten können.
Umfangreiche Vorbereitungen und lange Planungsphasen mit dem Gymnasium Oberursel waren der Veranstaltung vorausgegangen. Vor allem Jens Frowerk, Fachbereichsleiter für die Gesellschaftswissenschaften, und Schulhausverwalter Frank Oschmann hatten alle Hände voll zu tun. „Ein Kongress mit über 50 Ausstellern und Vortragenden ist auch für unsere Schule nicht alltäglich. Umso mehr freuen wir uns, dass wir unseren Gästen gemeinsam mit der REDNET AG einen guten Rahmen bieten konnten. Unsere Schülerinnen und Schüler und unser Technikteam halfen uns in bewährter Weise. Auch dafür vielen Dank!“, so Jens Frowerk.
Medien nachhaltig und pädagogisch sinnvoll einsetzen
Schulleiter Volker Räuber verwies in seinem Grußwort auf die derzeitigen „stürmischen, bisweilen turbulenten Zeiten“ und sprach damit sowohl die politische Weltlage als auch die rasanten Fortschritte im digitalen Bereich an. Da komme der Bildungskongress genau richtig. Das Wort „digital“ sei allgegenwärtig. Räuber grenzte sich von digitaler Euphorie auf der einen und übergroßer Skepsis auf der anderen Seite ab und forderte stattdessen dazu auf, Kinder und Jugendliche in ihrer Lebensentwicklung mit Medien positiv zu unterstützen. Die digitalen Medien müssten dazu pädagogisch gewinnbringend eingesetzt und gleichzeitig kritisch reflektiert werden.
Auch Landrat Ulrich Krebs sah im digitalen Wandel ein immens wichtiges Thema für die Schule der Zukunft. Es sei eine gemeinsame Aufgabe der Verantwortlichen, das (mobile) digitale Arbeiten an Schulen voranzutreiben, so wie es schon in der Grundschule Grävenwiesbach, einer Pilotschule, geschehen sei, die mit Tablets arbeite und dabei vielversprechende Synergieeffekte in den Bereichen Lernen, Medienkompetenz und Sozialisation, auch bei Kindern mit Migrationshintergrund, erziele. Im Vordergrund müsse immer das pädagogische Konzept stehen, betonte Krebs.
In Schulen auf die komplexe Zukunft vorbereiten
Prof. Dr. Frank Thissen, Hochschule der Medien Stuttgart, beschäftigte sich im Eröffnungsvortrag mit der „Bedeutung neuer Medien für die Schule von morgen“. Schulen müssten anders auf die Digitalisierung vorbereiten, als sie es bisher getan hätten, befand Thissen. Die „größte Herausforderung der neuen Welt ist ihre immense Komplexität“, zitierte er Fredmund Malik. Die Komplexität des Geschehens, gravierende Veränderungen und Unvorhersehbarkeiten seien die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, auf die Schüler vorbereitet werden müssten. Wenn Timo Boll einen ebenbürtigen Mitspieler in Form eines Roboters habe oder AlphaGo einen mehrfachen Europameister im Brettspiel besiege, mache das deutlich, wie rasant die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz seien. Diese „Wunderdinge“ seien noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. „Alte Schule“ reagiere mit Reduktion, Stabilität, Planung und bewährten Standards. Dies werde den neuen Herausforderungen jedoch nicht gerecht. Gute Lösungen zu verhindern und auf einer veralteten Funktionalität zu beharren, verschärfe die Probleme nur.
Thissen nannte verschiedene Beispiele für eine „Schule der Zukunft“: So sei die „Albemarle Count“ in Virginia ein Vorbild für praktisches Arbeiten. Dort seien Komponieren und Konstruieren in flexiblen Klassenräumen mit Lehrern als Coaches möglich. In der „New School Berlin“ sowie dem „Code Camp“ in Karlsruhe stünden das eigenständige und eigenverantwortliche Lernen im Mittelpunkt. Schülerinnen und Schüler müssten ihre natürliche Neugier entwickeln können. Lernen geschehe hier durch intrinsische Motivation. Bei den Lehrkräften stehe nicht das Erklären, sondern das Fragen, ganz im sokratischen Sinne, im Zentrum. Ein weiteres Vorzeigebeispiel sei die „Alemannenschule Wutöschingen“, welche für Schüler wie ein zweites Zuhause sei, was nicht nur an den Hausschuhen liege, die dort sogar der Schulleiter trage. Die Kinder lernten, was und wie sie wollten – sogar im Liegen. Lehrer seien hier Lernbegleiter, die man buchen könne, wenn man etwas lernen oder einen Gelingensnachweis ablegen wolle. Insgesamt plädierte Thissen für eine schülerzentrierte Schule. Schüler sollten darin nicht als Konsumenten verstanden werden und Lehrer müssten mehr Kontrolle im Klassenzimmer abgeben. Denn die Schüler seien die Produzenten der Zukunft („Learners as Designers“).
(Wie) Kann „Digitale Schule“ gelingen?
Kann es gelingen, die „Digitale Schule“ – ein Begriff, der heutzutage in aller Munde ist – an einem Tag einem breiten Publikum zu präsentieren? Bei näherer Betrachtung des Kongressprogramms am GO wurde schnell deutlich, wer alles angesprochen werden sollte: Schulträger, Medienzentren, Schulleitungen und natürlich auch Lehrkräfte. Für jeden wurde etwas geboten. Es gab Vorträge für alle im großen Plenum. Diese deckten ein breites Spektrum ab – wie Thissens Eingangsvortrag oder Dr. Sabine Hubers (Intel) „Blick über den Zaun – Wie digitale Bildungswerkzeuge im Ausland eingesetzt werden“ oder der Vortrag von Volker Bartenbach (ETH Zürich) „EduExo – Experimentelle tragbare Robotersysteme zum Programmieren für Schulen“.
Ein weiterer Baustein des Programms war der „Markt der Möglichkeiten“. Hier waren an diversen Ständen vielfältige Informationen zu digitalen Inhalten, Software und Hardware verschiedenster Firmen zu finden, aber auch Angebote von pädagogischen Einrichtungen und Stiftungen. Der größte Baustein der Veranstaltung war aber ein anderer: Neben zwei längeren Intensivworkshops gab es eine Reihe von einstündigen Workshops und halbstündigen Fachvorträgen. Alle fanden in kleineren Gruppen statt. Diese speziellen Angebote gingen von „Medienentwicklungsplanung mit Tablets aus Sicht eines Schulleiters“ über „Digitale Bildung von der Kita bis zur Grundschule – Projekte, Praxistipps und Chancen“, „Das neue Datenschutzrecht 2018 in der Schule“, „Wie wirken aktuelle Schüler-Apps in das Schulleben hinein“, „Das pädagogische Netzwerk – Fundament für den Einsatz von IT in der Schule“ bis hin zu „Everyone can code: Drohnen und Roboter programmieren mit Swift Playground und Lego Mindstorms“ – um einige Beispiele zu nennen. Auch Jens Frowerk, Fachbereichsleiter des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeldes am GO, und Eva Koch, Mitglied der erweiterten Schulleitung, boten einen Workshop für Schulleiter an: „Moderne Schulkommunikation mit Digitalen schwarzen Brettern“ lautete das Thema“. Die Teilnehmer zeigten sich von der Ausstattung des Gymnasiums Oberursel und ihren Möglichkeiten der ansprechenden und effektiven Kommunikation, auch mittels einer App für Smartphones, sehr beeindruckt.
Viele Anregungen und interessante Angebote
Wer neben dem vielfältigen geistigen Input zwischendurch etwas für sein leibliches Wohl tun wollte, konnte den ganzen Tag über ein spezielles Angebot des Taunus Menü Service nutzen.
Die Frage, „Kann es gelingen, die „Digitale Schule“ an einem Tag einem breiten Publikum zu präsentieren?“ konnte Mathematiklehrerin Christiane Wimar nur zustimmend beantworten: „ Ja, es gelang hervorragend – was insbesondere der äußerst professionellen Organisation der Firma REDNET und auch der Gastfreundschaft des Gymnasiums Oberursel zu verdanken war.“ (rob/wim/ nlh)
Jutta Niesel-Heinrichs (Pressesprecherin) Volker Räuber (Schulleiter)
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