Gymnasium Oberursel

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„Es kommt auf die Perspektive an“ - Veranstaltung zur Entwicklungszusammenarbeit am Beispiel Afghanistans (Fotos)

Die Schülerinnen und Schüler der Q4 des Gymnasiums Oberursel saßen zu Beginn der vierstündigen Veranstaltung über aktuelle Entwicklungszusammenarbeit, die am 7. Februar in der Rotunde des GO stattfand, etwas fragend da, als der Referent O.J. Krueck recht plastisch eine Geschichte aus dem Leben des Philosophen Immanuel Kant erzählte: Was hat Kants Kaffeetasse mit aktuellen internationalen Beziehungen, weltweiter Entwicklungszusammenarbeit oder gar Afghanistan zu tun?

Kant habe eines Morgens seinen Diener gefragt, wie er die Kaffeetasse sehe, die dieser ihm gerade bringe. Der Diener sah sie von der einen Seite, Kant, der noch im Bett gelegen habe, von der anderen. Beide Sichtweisen seien jeweils die richtigen gewesen, und doch unterschieden sie sich fundamental. Es komme dementsprechend immer auf die Perspektive an, so Krueck, der damit auf die Grundprinzipien und Hauptprobleme von Entwicklungszusammenarbeit abzielte. O.J. Krueck ist Politikwissenschaftler, Volkswirt und Dozent für Internationale Politische Ökonomie, nicht nur an der Goethe-Universität Frankfurt. Darüber hinaus kann er aus der Praxis berichten: Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Krueck als Wirtschafts- und Regierungsberater an der Schnittstelle zwischen Staat und Wirtschaft. Er konzipiert und leitet dabei im Auftrag von Weltbank, UNO, Europäischer Kommission und Deutscher Bundesregierung mit seiner sozioökonomischen Expertise Entwicklungshilfe- und Beratungsprojekte in bisher 78 Ländern Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und Osteuropas.

 

Diese Vorgeschichte von Kant noch im Ohr, hatten die ca. 60 Schülerinnen und Schüler der Politik- und Wirtschaftskurse Q4 gleich die erste Aufgabe zu bewältigen: Sie sollten in Großgruppen und mithilfe von Moderationskarten und Pinnwänden den Begriff „Entwicklung“ für sich definieren und darstellen. Damit betonte Krueck den universitären Charakter dieses Workshops, in dem es darum ging, mitzudenken und mitzumachen, eigene Perspektiven zu reflektieren und Zusammenhänge stets kritisch zu hinterfragen. Die sehr interessierten Teilnehmer kamen dieser Aufforderung während der gesamten Veranstaltung in lockerer, aber dennoch konzentrierter Atmosphäre sehr gern nach. Der Referent zeigte sich beeindruckt von so viel Engagement, kritischen Nachfragen, fachbezogenem Interesse und komplexem Input.

 

 

Durch den Vergleich des Bruttonationaleinkommens und des pro Kopf zur Verfügung stehenden Einkommens in den verschiedenen Ländern wurde den Zuhörern verdeutlicht, wie ungleich Vermögen und damit potentielle Handlungsfähigkeit weltweit verteilt sind. Ca. 150 der insgesamt etwas über 200 Länder weltweit bewegen sich im Bereich der „Low Income Countries“, so die Erkenntnis. Die größten Ökonomien USA, EU, China und Japan erwirtschafteten jährlich ca. 60.000  Milliarden bei insgesamt ca. 80.000 Milliarden Dollar Weltsozialprodukt.  Anschließend erarbeitete Krueck zusammen mit den Schülerinnen und Schülern die geschichtliche Entwicklung der Entwicklungszusammenarbeit an einem selbst entwickelten Schaubild bis hin zu den Millenniumszielen und der aktuellen Betonung des Begriffes Nachhaltigkeit.

 

Im zweiten Teil des Workshops wurde es dann ganz konkret: Wie kann man diese Ziele in Afghanistan umsetzen? Krueck gab den Teilnehmern einen detaillierten Einblick in den „National Development“-Plan für Afghanistan und wurde sofort mit kritischen Nachfragen konfrontiert: Wie soll das bezahlt werden? Welche Mittel und Wege zur Erreichung dieser meist abstrakten Ziele, wie z.B. Bildung, werden eingesetzt? Wie stellt man die Koordination der Akteure sicher? Sollte man nicht zuerst eine ökonomische Entwicklung anstreben und erst später an die soziale Entwicklung denken? Oder umgekehrt? Anhand der sich anschließenden Diskussion wurde allen klar: es gibt viele verschiedene Vorstellungen davon, wie Entwicklung eigentlich vonstattengehen soll. Dies zeigte sich auch ganz konkret bei der Betrachtung der diversen Spannungsfelder in Afghanistan, wie z.B. der historischen Dimension, der Religiosität oder der Genderdebatte oder auch dem Zentrum- Peripherie-Verhältnis.

 

Referent O.J. Krueck, der selbst seit 2002 als Regierungsberater am Verhandlungstisch in Afghanistan gesessen hatte, berichtete ganz konkret und anschaulich über die Probleme vor Ort. „Einem Paschtunen ist es ganz unerklärlich, warum Mädchen zur Schule gehen sollten.“ Auch hier sei die Beachtung unterschiedlicher Perspektiven, das geduldige Moderieren essentiell. Den Schülerinnen und Schülern wurde sehr eloquent und anschaulich mit vielen konkreten Beispielen aus der Praxis und ganz eigenen Erfahrungsberichten deutlich gemacht, warum Entwicklungszusammenarbeit „so verdammt schwierig“ ist … und warum Kant mit der Betrachtung seiner Kaffeetasse ins Schwarze getroffen hat. (slz)

 

 

 

J. Niesel-Heinrichs (Pressesprecherin)                                                                        V. Räuber (Schulleiter)




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