Gymnasium Oberursel

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Komplexer Friedensmechanismus mit Modellcharakter? Das Beispiel Kolumbien“ – Vortrag von Prof Dr. Stefan Peters am Gymnasium Oberursel

 

Am Dienstag, 17.12.2024, fand für die Jahrgangsstufe Q3 des Gymnasiums Oberursel in der Rotunde bereits zum zweiten Mal ein Vortrag von Prof. Dr. Stefan Peters zum Thema „Frieden in unfriedlichen Zeiten: Hoffnungsträger Kolumbien?“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von Daniel Dorn und Heike Scholz.

 

Gerade in Zeiten, in denen kriegerische Auseinandersetzungen und gewaltsame Konflikte weltweit an der Tagesordnung zu sein scheinen, sind Frieden und Friedensprozesse wohltuende Begriffe - auch und gerade für Schülerinnen und Schüler, die sich nicht nur mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine oder dem Kampf Israels gegen die Hamas auseinandersetzen müssen. Prof. Dr. Stefan Peters konnte mit seinem Vortrag hierfür einen wichtigen Beitrag leisten.

 

In seinem Vortrag beleuchtete er die verschiedenen Seiten und Hintergründe des offiziell seit 1964 andauernden bewaffneten Konfliktes der kolumbianischen Regierung mit verschiedenen Guerillagruppen, Paramilitärs und Drogenkartellen. Dieser Konflikt habe bisher etwa 10.000.000 Opfer gefordert, davon etwa 8,2 Millionen Vertriebene und ca. 126.500 Todesopfer. Diese Gewaltspirale könne nur durch Verhandlungen unterbrochen werden, so Prof. Dr. Peters. Sogar im UN-Sicherheitsrat herrsche aktuell Einstimmigkeit über die Unterstützung dieses Friedensprozesses in Kolumbien.

 

Obwohl Kolumbien ein demokratischer Staat mit einer Verfassung sei, bedeute das nicht automatisch, dass ein „demokratischer Frieden“ herrsche. So gingen etwa 12% der Todesopfer auf staatliche Morde zurück. Besonders die Aufdeckung der 6.402 „Falsos Positivos“ (angeblich im Kampf getötete Guerillas, in Wahrheit aber vom kolumbianischen Militär ermordete Landarbeiter) zwischen 2002 und 2008 hätten die Bevölkerung erschüttert.

 

Eine produktive Konfliktlösung müsse die Konfliktursachen im Blick behalten. Vor allem die extreme Ungleichheit der Bevölkerung, was Landbesitz, Einkommen und Bildung betreffe, sei hier beispielhaft zu nennen. Dazu kämen noch Sprachbarrieren für die indigenen Bevölkerungsgruppen und der traditionell vorherrschende Machismo.

 

Die „Transitional Justice“ versuche daher, durch eine Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP), die Einrichtung einer Wahrheitskommission sowie einer Einheit zur Suche der Verschwundenen (UBPD) und Reparationen eine gesellschaftliche Versöhnung zu erreichen. Dabei müssten oft schweren Herzens rechtliche Benefits angeboten werden, wenn jemand zur Wahrheitsfindung beitrüge. So würden lebenslange Haftstrafen beispielsweise in Arbeitsleistungen im Bereich des Aufbaus von Infrastrukturprojekten oder bei der Minenräumung umgewandelt. Diese würden sogar bezahlt, da es sonst Zwangsarbeit wäre. Insgesamt sei es eine gewisse Gratwanderung, da man ja am Ende nicht die belohnen und finanziell besserstellen wolle, die zuvor Gewaltverbrechen verübt hätten, so Prof. Dr. Peters zum Abschluss seines Vortrags.

Prof. Dr. Stefan Peters ist Direktor des deutsch-kolumbianischen Friedensinstituts CAPAZ, hat einen Lehrstuhl für Friedens- und Konfliktforschung an der Justus-Liebig-Universität in Gießen inne und gilt als Südamerika-Experte. Durch seine Arbeit war und ist er immer wieder aktiv an Friedensverhandlungen beteiligt und berät dabei in engem Austausch mit dem Deutschen Auswärtigen Amt die kolumbianische Regierung.

 

Besonders interessant war für die Zuhörer die Tatsache, dass nun ganz aktuell das Auswärtige Amt das Gespräch mit Herrn Prof. Dr. Stefan Peters gesucht habe. Man hoffe, nach dem Sturz Assads in dem erwünschten Friedensprozess in Syrien von seinen Erfahrungen in Kolumbien profitieren zu können.

 

Carsten Bär betonte im anschließenden Gespräch, wie wertvoll die Partnerprojekte des GO für kolumbianische Schulen vor allem im ländlichen Bereich und damit für die Intensivierung des Friedensprozesses seien. Das GO werde auch zukünftig durch Gelder des Sponsorenlaufs und des Hoffesterlöses die Partnerschulen und Projekte zur Selbsthilfe in Kolumbien unterstützen, die von Dieter Lober-Sies in Zusammenarbeit mit Edmundo Perez vor über 25 Jahren ins Leben gerufen wurden. Man hoffe auf weitere Kontakte in Bogota durch das CAPAZ Institut und Herrn Prof. Dr. Peters.

 

Die Schülerinnen und Schüler konnten einen gelungenen Einblick in die Komplexität von den ursächlichen Zusammenhängen von Konflikten und Friedensprozessen erhalten und dabei noch etwas „Uni-Luft“ schnuppern. Gerne hätten Sie für die gemeinsame kritische Diskussion noch etwas mehr Zeit gehabt. (slz/jun)

 

 

 

 

 

Christina Jung                                                                                                                  Philipp Schefzyk

(Pressesprecherin)                                                                                                            (stellv. Schulleiter)




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